Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer, Imke Byl und Miriam Staudte (GRÜNE) mit Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 14.05.2021 (Drucksacke 18/9270).
Vorbemerkung der Abgeordneten
Noch unter der rot-grünen Landesregierung wurde die Beförsterung des Betreuungswaldes seitens der Niedersächsischen Landesforsten den jeweiligen Forstgenossenschaften nur anteilig in Rechnung gestellt; der Differenzbetrag zur Vollkostenbetreuung wurde seitens des Landes in Form einer „indirekten Förderung“ gewährt. Da eine von Niedersachsen geforderte Änderung des Bundeswaldgesetzes unterblieb, wurde dies von der EU als „nicht rechtskonforme Form der forstlichen Förderung“ eingestuft, sodass künftig vom Land Vollkosten erhoben werden.
Um die Forstbetriebe nicht zu benachteiligen, soll nun eine zulässige Direktförderung durch das ML erfolgen. Dabei wird jedoch für die „künftige Antragsberechtigung für forstliche Zuwendungen die Mitgliedschaft in einer Forstbetriebsgemeinschaft (FBG)“ zur Voraussetzung gemacht.
Viele kleine und mittlere Forstbetriebe, insbesondere Forstgenossenschaften, wehren sich in Schreiben an Landtagsabgeordnete gegen diese Regelung, die für eine wirtschaftliche Landesförderung letztendlich auf eine Zwangsmitgliedschaft in einer FBG hinauslaufe, da der Zugang zu öffentlichen Fördermitteln gerade vor dem Hintergrund des Waldsterbens, Dürre, Schädlings- und Preisverfall überlebenswichtig sei.
Mit der Mitgliedschaft in einer FBG verlieren die Forstbetriebe das Recht auf Eigenbestimmung, da dann die FBG die strategischen Entscheidungen für die angeschlossenen Forstgenossenschaften trifft. Die Forstgenossenschaften fürchten durch die Umstellung der Landesförderung ein Größenwachstum durch die Hintertür und eine Benachteiligung kleiner und mittlerer Betriebe.
1. Wie viele Mittel aus welchem Haushalt (EU, Bund, Land) plant die Landesregierung in den nächsten Jahren für die Forstförderung ein?
Antwort der Landesregierung: Für die Forstförderung der privaten und kommunalen Waldbesitzenden sowie der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse sind jährlich rund 19,5 Millionen. Euro Bundesmittel sowie rund 13,9 Millionen Euro Landesmittel eingeplant. Die Mittel stehen als Projektförderung zur Verfügung.
Für die neue direkte Förderung von Betreuungsleistungen sind darüber hinaus Landesmittel in Höhe von rund 6 Millionen Euro geplant.
2. Ist es rechtlich vorgeschrieben, die Mitgliedschaft in einer Forstbetriebsgemeinschaft zur Bedingung für Förderung zu machen?
Antwort der Landesregierung: Nein.
3. Wenn nein, warum soll für die Antragsberechtigung die Mitgliedschaft in einer Forstbetriebsgemeinschaft zur Bedingung gemacht werden?
Antwort der Landesregierung: In Niedersachsen dominiert der kleine und mittlere Privatwald, oftmals mit strukturellen Defiziten wie geringer Flächengröße und Besitzzersplitterung. Einzelne Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer alleine kommen bei der gesetzlichen Verpflichtung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihrer Waldflächen (§ 11 NWaldLG), auch im Hinblick auf den demografischen Wandel und die zunehmende Urbanisierung, schnell an Grenzen. Die Forstbetriebsgemeinschaften als anerkannte privatrechtliche Zusammenschlüsse mehrerer Waldbesitzarten im ländlichen Raum (§ 16 ff BWaldG) bieten durch eine gemeinschaftliche, nachhaltige und ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung die Möglichkeit, den waldrechtlichen Anforderungen nachzukommen und gleichzeitig Bewirtschaftungserschwernisse zu mindern. Sie sind auch für den Kommunal- oder Genossenschaftswald offen. Diese waldbesitzergetragenen Kooperationen stellen durch fachkundige Personen forstfachliche Kompetenz und ein brei-tes Leistungsspektrum über die Beschaffung von Pflanzen, Unternehmerleistung, Weiterbildung bis hin zur gemeinschaftlichen Holzvermarktung bereit, die den Mitgliedern viele Vorteile bringen. Der größte Teil des niedersächsischen Privatwaldes (rund 60 %) und hier v. a. der Kleinst- und Kleinprivatwald, ist bereits in Forstbetriebsgemeinschaften organisiert, deren flächendeckende Strukturen langjährig gewachsen und im ländlichen Raum als Anlaufstelle für die Waldbewirtschaftung etabliert sind. Daher sollen die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in den Forstbetriebsgemeinschaften mit einer direkten Förderung von Betreuungsleistungen unterstützt werden. Hierdurch werden auf der Grundlage des Waldrechts positive, überregionale Effekte zur Sicherung der Waldfunktionen, des Waldökosystems und zur Anpassung an den Klimawandel auf der weit überwiegenden Fläche des Nichtstaatswaldes in Niedersachsen erwartet. Bei der Förderung übernehmen die Forstbetriebsgemeinschaften die gebündelte Antragstellung und tragen dazu bei, den bürokratischen Aufwand sowohl seitens der Antragstellenden als auch der Bewilligungsstelle erheblich zu senken. Dies erlaubt eine höhere Ausschüttung der begrenzten Fördermittel direkt an den Waldbesitz.
4. Plant das Land mit dem Ausschluss von Forstgenossenschaften ohne Mitgliedschaft in einer FBG einen Strukturwandel im Privatwald hin zu immer größeren Betrieben und Eigentümerstrukturen zu befördern?
Antwort der Landesregierung: Nein. Mit der Förderung über die Forstbetriebsgemeinschaft soll insbesondere der angeschlossene kleine und mittlere Privat- und Genossenschaftswald erreicht und gefördert werden, damit die ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig gesichert werden kann. Auch nach Eintritt in eine Forstbetriebsgemeinschaft lösen sich die Eigentumsstrukturen nicht auf. Die eigenständige Entscheidung über die praktische Bewirtschaftung der Waldflächen im Rahmen der waldgesetzlichen Vorgaben verbleibt vollständig bei der Waldeigentümerin oder dem Waldeigentümer.
Für die Forstgenossenschaften sind die Forstbetriebsgemeinschaften kein neuer Weg. Bereits jetzt sind etwa ein Viertel der niedersächsischen Genossenschaftswaldfläche Mitglied in Forstbetriebsgemeinschaften und werden bei der fachkundigen, nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Waldflächen erfolgreich über den Zusammenschluss unterstützt.
5. Wann und wie wurde die geplante Änderung der Landesförderung mit den Forstgenossenschaften kommuniziert, und was waren gegebenenfalls deren Stellungnahmen?
Antwort der Landesregierung: Den Prozess einer rechtskonformen Weiterentwicklung und praktischen Umsetzung der forstlichen Betreuung begleitet eine neue Arbeitsgruppe unter federführender Leitung des ML, die erstmals am 9. März 2020 getagt hat. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer repräsentieren alle relevanten und betroffenen Bereich der forstlichen Betreuung; die Belange des Niedersächsischen Landesforstbeirates der Forstgenossenschaften werden durch eine Vertreterin wahrgenommen. Fragen und Sorgen der Forstgenossenschaften in der Fläche können so angemessen und zeitnah berücksichtigt werden.
Darüber hinaus wurden und werden geplanten Änderungen situativ in Antwortschreiben, in persönlichen Gesprächen vor Ort oder Corona-bedingt über Videokonferenzen in die Forstgenossenschaften kommuniziert